Canon 70-200mm Objektiv Test – Alles, was du über das beliebte Telezoom wissen musst
- Barbara Lüthi
- 26. Aug.
- 4 Min. Lesezeit
Es gibt Objektive, die unauffällig ihren Job machen — und es gibt das Canon 70-200mm Objektiv. Kaum ein anderes Zoom verdichtet eine Szene so elegant, isoliert Motive so sauber vom Hintergrund und fühlt sich dabei in so vielen Genres zu Hause: Porträt, Reportage, Sport, Hochzeit, Tierpark, sogar Tele-Landschaft. Wer einmal mit einem guten 70–200 fotografiert hat, versteht schnell, warum dieses Objektiv seit Jahren in so vielen Fototaschen wohnt. Es ist die Linse, die Nähe schafft, obwohl man auf Distanz bleibt, und die aus Alltagsmomenten grosse Bilder formt. Genau darum habe ich diesen Canon 70-200mm Objektiv Test – Alles, was du über das beliebte Telezoom wissen musst geschrieben.
Canon bietet das 70–200mm Objektiv in mehreren Ausführungen an — klassisch als EF für DSLRs und modern als RF für spiegellose R-Kameras, jeweils mit Bildstabilisator (IS) und in den Lichtstärken f/2.8 sowie f/4. Die Wahl zwischen f/2.8 und f/4 ist mehr als eine technische Fußnote: Sie entscheidet über Gewicht, Preis und Look. f/2.8 ist das Arbeitstier für schwieriges Licht, liefert das cremigste Bokeh und gibt dem Autofokus ein Quäntchen extra Präzision bei wenig Licht. f/4 ist die entschlackte Reisevariante: spürbar leichter, oft günstiger, in der Schärfe trotzdem beeindruckend — perfekt, wenn du viel unterwegs bist und jedes Gramm zählst.

Was den Reiz des Canon 70-200mm Objektivs ausmacht, ist die Art, wie es Perspektiven komprimiert. Bei 135 oder 200 mm rücken Hintergrundelemente näher zusammen und wirken grösser, ohne aufdringlich zu werden. Gesichter profitieren von dieser Verdichtung: Nasen wirken kürzer, Konturen weicher, der Hintergrund löst sich in sanftem Unschärfe-Falloff auf. Selbst in einer voll besetzten Kirche kannst du unauffällig arbeiten, leise von der Seitenlinie fotografieren und trotzdem intime Momente festhalten. Dazu kommt der Bildstabilisator, der beim ruhigen Reportage-Bild eine ganze Belichtungsstufe Spielraum schenkt und den Sucher beruhigt — ein Segen, wenn die Hände nach zwei Stunden Trauung langsam schwerer werden.
In der Praxis beginne ich für Porträts oft zwischen 85 und 135 mm. Bei 70–100 mm erhalte ich noch etwas Kontext, bei 135 mm werde ich intimer, ohne zu nah zu rücken. Draussen reicht mir f/2.8–4, um Gesichter vom Hintergrund zu trennen, in Innenräumen arbeite ich gerne mit f/2.8 und Auto-ISO, sichere die Verschlusszeit um 1/250 s ab und lasse Eye-AF und Stabi den Rest erledigen. Bei Hochzeiten ist der Brennweitenbereich unschlagbar: Ringtausch bei 200 mm, ein Lachen aus der zweiten Reihe bei 120 mm, ein Umarmungsdetail bei 70 mm — alles, ohne den Standort hektisch zu wechseln. Sport profitiert von der AF-Geschwindigkeit; die modernen 70–200mm Objektive von Canon ziehen sauber nach, auch wenn ein Spieler aus der Deckung sprintet. Ich setze je nach Licht 1/1000–1/2000 s, blende auf f/2.8–4 und überlasse die ISO der Automatik, während der kontinuierliche AF Motive klebt, die durchs Bild schneiden.
Auch jenseits von People-Motiven glänzt das Canon 70-200mm Objektiv. In der Landschaftsfotografie liebe ich es, Bergketten zu verdichten oder einzelne Lichtflecken aus einer weiten Szene herauszuschälen. Während Weitwinkel oft „alles“ zeigen wollen, wählt das Tele aus — es kuratiert. Mit f/5.6–8 und etwas Zeit am Sucher entstehen ruhige, grafische Kompositionen. Im Tierpark hilft die Brennweite, Gitter zu „verschwinden“ zu lassen: mit offener Blende ans Glas, Gegenlichtblende fast an die Scheibe, und schon bleibt weniger Streulicht drin. Ein Polfilter schadet nicht, wenn Spiegelungen stören. Makro ersetzt das 70–200 nicht, aber die Naheinstellgrenze reicht für Food, Details am Brautstrauss oder Hände, die einen Ball umfassen.
Bleibt die Systemfrage: EF oder RF? Wenn du bereits EF-Glas besitzt, ist der Adapter an R-Kameras erstaunlich unspektakulär — im besten Sinne. Die Kombination arbeitet zuverlässig, optisch verlierst du nichts, und am Gebrauchtmarkt lassen sich EF-70–200er häufig zu sehr fairen Preisen finden. Wer neu aufbaut und maximale Kompaktheit will, findet bei den RF-Versionen moderne Optik, schnellen, leisen Autofokus und teils überraschend kurze Bauformen, die die Fototasche spürbar entlasten. Preislich liegen die RF-Modelle höher, aber sie fühlen sich an den R-Bodies wie aus einem Guss an.
Ein Wort zum Handling: Das f/2.8 ist „Armtag“, keine Frage — nach einer Ganztagsreportage spürt man es. Die Stativschelle hilft, die Balance zu verbessern, und ein guter Gurt entlastet Schultern und Bajonett. Wer viel reist, wird das f/4 lieben: deutlich leichter, trotzdem stabil und abgedichtet. In beiden Fällen gilt: Die Gegenlichtblende ist kein Deko-Teil. Sie schützt das Frontelement und bändigt Flares, besonders bei seitlichem Licht. Bei Gegenlicht performen die aktuellen Generationen hervorragend; Ghosting ist selten ein Thema, und der Kontrast bleibt angenehm stabil.
Mehr Reichweite? Telekonverter sind eine elegante Option: Mit 1.4× wird aus 200 mm schnell 280 mm, mit 2× sogar 400 mm – praktisch für Wildlife light oder grosse Sportarenen. Du bezahlst in Lichtstärken (minus 1–2 EV) und etwas AF-Tempo, aber bei gutem Licht ist das eine sehr brauchbare Lösung, die Tasche nicht weiter füllt. In Kombination mit f/2.8 bleibt genügend Reserve; mit f/4 solltest du die ISO-Grenzen der Kamera kennen und bewusst einsetzen.

Am Ende ist das Canon 70-200mm Objektiv eines der ehrlichsten Werkzeuge in der Fotografie. Es verspricht nicht, was es nicht halten kann, und es liefert in Situationen, in denen andere Objektive schwächeln: weit weg, wenig Licht, keine zweite Chance. Wenn du viel in Kirchen, Theatern oder dunklen Sälen arbeitest, ist das f/2.8 IS wahrscheinlich dein bester Freund. Wenn Mobilität und Gewicht über allem stehen, und du häufig draussen fotografierst, macht das f/4 IS dich erstaunlich frei. EF mit Adapter ist der Budget-Boost mit kaum Kompromissen, RF die moderne Komfortlösung, die dich jeden Tag ein bisschen häufiger zum Fotografieren verführt.
Mein Fazit: Ein Canon 70-200mm Objektiv Test zeigt schnell, dass es kein exotisches Spezialwerkzeug ist, sondern ein visuelles Schweizer Taschenmesser. Es gibt deinen Bildern Ruhe, verdichtet Geschichten und hält Abstand, wo Diskretion gefragt ist. Und genau das macht es so vielseitig.
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